Lebensentwürfe und kulturelle Räume lediger Frauen in der Moderne

Dissertation in Soziologie

Thema

Wie gestalten Frauen in verschiedenen Jahrhunderten ihren Lebensentwurf jenseits von Ehe und Familie?

Die einen haben sich bewusst dafür entschieden, die anderen blieben ledig, ohne es gesucht zu haben. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich der Herausforderung weiblicher Autonomie stellen mussten. In dieser Studie kommen die Erfahrungen lediger Frauen aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert zur Sprache. In exemplarischen Fallstudien werden Identitätsstrategien und soziale Räume lediger Frauen rekonstruiert. Welche gesellschaftlichen Strukturen waren für die Gestaltung ihres Alltags bestimmend? Wie erschlossen sie sich neue berufliche und politische Handlungsfelder? Und wie haben sie ihre Beziehungen jenseits von Ehe und Familie gestaltet?

Die einzelnen Fallstudien werden in ihrem spezifischen historischen Kontext diskutiert und dabei die Dimensionen der Kontinuität und des Wandels im Geschlechterverhältnis der Moderne herausgearbeitet. Dabei zeigt sich, dass – wider die negativen Bilder des Blaustrumpfs oder der alten Jungfer – die Lebensentwürfe lediger Frauen eine innovative kulturelle Praxis darstell(t)en. Die hier vorgelegte Genealogie dieser Lebensentwürfe gibt nicht nur Einblick in eine kulturell verdrängte Praxis, sie wirft auch ein neues Licht auf die aktuelle Vervielfältigung der Lebensformen von Frauen und auf ihre Emanzipationsstrategien.

Methode

Tiefenhermeneutische Interpretation von historischen Texten, narrative Gespräche mit Frauen im Raum Zürich, ethnopsychoanalytische Reflexion des Forschungsprozesses.

Publikationen

Gilbert, Anne-Françoise (2001): Kampf um die Welt – Sorge um sich selbst. Lebensentwürfe und kulturelle Räume lediger Frauen in der Moderne. Königstein/Taunus: Ulrike Helmer.

Gilbert, A.-F. (2001): «Frauenfreundschaft und frauenpolitischer Kampf im Kaiserreich. Das Beispiel von Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg.» In: Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte. Heft 40, 26-31.

Gilbert, A.-F. (2004): «Deconstructing Gender: Henriette’s Correspondence with Rousseau.» In: Bland, C. & M. Cross (Hg.): Gender and Politics in the Age of Letter Writing, 1750-2000. London: Ashgate, 43-53.

Gilbert, A.-F. (2006): «Ledig und kinderlos – historischer Blick auf einen widerständigen Lebensentwurf.» In: Olympe, Feministische Arbeitshefte zur Politik, Heft 23, S. 112-123.

Gilbert, A.-F. (2008): «Zivilstand Ledig: Innovative Momente eines gesellschaftlich verdrängten Lebensentwurfs.» In: Schritte ins Offene, Heft 2008/1, S. 12-14.

Radiobeitrag

http://www.srf.ch/sendungen/doppelpunkt/ledig-und-frei-vom-schicksal-oder-glueck-als-ledige-frau

Institution

J. W. Goethe-Universität Frankfurt am Main, FB Gesellschaftswissenschaften,
Prof. Dr. Ute Gerhard

Förderung

Stipendium für angehende Forschende des Schweizerischen Nationalfonds

Laufzeit

Promotion 2001